Wenn sich doch Christen, Muslime und Juden nur vertragen würden! © Maurice Korbel.

 

 

 

Crusades. Ludger Vollmer.

Oper.                  

Neco Çelik, Rifail Ajdarpasic. Theater Freiburg i.Br.

Die Stimme der Kritik für Bümpliz und die Welt, 23. Februar 2017.

 

 

Während zweieinhalb Stunden spricht die Auftragsarbeit des Theaters Freiburg i.Br., die am 14. Januar 2017 mit Unterstützung der TheaterFreunde [sic] Freiburg zur Uraufführung kam, unausgesetzt davon, dass es besser wäre, wenn sich Christen, Muslime und Juden vertragen würden. Es sei nicht gottgefällig, Hass zu predigen und Mord an Brüdern zu begehen. Die Kreuzzugsmentalität müsse aus unser aller Köpfen verschwinden. Denn Gottes Liebe "wese" in jedem seiner Geschöpfe. Um das zu sehen, brauche es keine "Schlauigkeit". Und so weiter in diesem Stil.

 

An der Sonntagnachmittagsvorstellung unterstützt das Freiburger Theaterpublikum diesen sympathischen Appell mit warmem Applaus. Wohlgesinnt erträgt es die unendlichen Längen der Aufführung, denn Längen sind Bestandteil jeder Liturgie. Durch seine statische Inszenierung betont Neco Çelik, dass es sich bei "Crusades" nicht eigentlich um eine Oper handelt, sondern um ein halbszenisches Oratorium. Mit dem Einsatz der Drehbühne, die von allen Seiten das Gleiche zeigt, nämlich reihenförmig aufgestellte Choristen, macht das Bühnenbild von Rifail Ajdarpasic zudem augenfällig, dass man das Problem des Nahen Ostens drehen könne, wie man wolle, es ändere sich nichts. Wie nebulös die Lage ist, unterstreicht schliesslich auch der permanente Einsatz von Bühnennebel.

 

Neben einer Handvoll Solisten, die das Publikum über ihren Hass, ihre Verzweiflung und ihre problematische Lage mit voller Kehle ins Bild setzen, kommen auch der Opernchor des Theaters Freiburg, Studierende der Hochschule für Musik sowie der Kinder- und Jugendchor des Theaters Freiburg zum Einsatz. Durch diese Masse von Mitwirkenden wird die Botschaft der Toleranz wenn nicht eindringlich, so doch laut allen Wohlgesinnten zu Gehör gebracht. Dafür stecken die Jungen und Mädchen in weissen Gewändern und schwarzen Langhaarperücken, mit deren Spitzen sich die Finger während des Wartens und Kauerns gerne beschäftigen. Und da die kleinen Münder bloss von Liebe im Sinn von Nächstenliebe (Agape) künden, kommt während der ganzen Aufführung kein Gedanke an Kindsmissbrauch auf.

 

Die Partitur von Ludger Vollmer lehnt sich mit ihrem perkussiven Charakter eng ans Orffsche Schulwerk und vor allem an die "Carmina Burana" an. Gleich eingangs wird das Rad der Fortuna zitiert. Aber im Unterschied zu den "Carmina", wo dem König im Zenith der Untergang vorhergesagt wird, ist bei "Crusades" der Sinn der Drehbewegung nicht ausgesprochen. Vermutlich, weil es sich bei ihr um ein sinnloses Drehen handelt. Aber immerhin, die Klangwelt der "Oper" ist jedem Zuhörer von Kindesbeinen an vertraut, und dass das "dies irae" für ein paar Sekunden dissonant erklingt, zieht niemandem den Teppich unter den Füssen weg.

 

An zwei, drei Stellen ist von Alfred Nobel die Rede. Aber da es keinen Nobelpreis für Opern gibt, wird den ganzen Abend nicht klar, warum das Theater Freiburg mit "Crusades" das Bekenntnis zu Gottes allgemeiner Relativität in Auftrag gegeben hat und aufführt. Vielleicht bloss, damit alle Beteiligten mitsamt den Zuschauern ihre Pflicht getan haben und ein gutes Gewissen haben können wie einst unsere Grosseltern beim sonntäglichen Predigtbesuch. Da wurde auch nicht gefragt, wie gut man sich unterhalten habe.

Ende mit Hass und Mord!

 
 
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